Seine erste Kamera bekam Ammar Yassir, heute 19 Jahre alt, erst vor drei Jahren geschenkt. Weniger als zwei Jahre später mussten er und seine Familie vor dem Krieg im Sudan fliehen. Seitdem dokumentiert Ammar sein Leben auf der Flucht.
Seit dem Ausbruch erneuter Gewalt im Sudan, Mitte April 2023, sind über 400.000 Sudanes:innen in den Südsudan geflohen. Auch Ammar Yassir und seine 9-köpfige Familie erreichten am 17. Dezember 2023 das Aufnahmelager in der Grenzstadt Renk im Südsudan. Schon damals war das Lager stark überfüllt, das Krankenhaus mit vielen ankommenden Verletzten völlig überlastet. Es fehlt an Nahrungsmitteln, Wasser und Gesundheitsversorgung. Die Rate an Unter- und Mangelernährung ist extrem hoch und fehlende Sanitäranlagen verschlimmern die Gesundheitssituation von inzwischen Millionen von Menschen im Lager.
Der junge Dokumentarfotograf Ammar Yassir harrte hier 26 Tage aus, nachdem seine Eltern und die 6 jüngeren Geschwister nach einigen Tagen zurück nach Rabak im Sudan reisten, weil die Situation in Renk noch gefährlicher war, als im Sudan.
Aufgrund von Krieg, Klimawandel oder Ernährungsunsicherheit — oder einer Kombination aus allen drei Faktoren — sind die Menschen im Südsudan und Sudan extrem gefährdet und machen sich auf die beschwerliche Flucht. Der Großteil der vielen Geflüchteten aus beiden Ländern hält sich in den Nachbarländern Uganda, Äthiopien und Kenia auf. So auch Ammar.
Wir lernen uns in Videocalls kennen, während ich in Hamburg-Altona an meinem gemütlichen Esstisch sitze und Ammar an einer Wand in einem Hostel in Kampala, Uganda lehnt. Er erzählt mir, wie schön die Stadt ist: das angenehme Klima, wie freundliche die Bevölkerung ist. Im Hintergrund höre ich Stimmen von vielen anderen Hostel-Bewohner:innen. Als ich ihn frage, wer all die Leute im Hintergrund sind, antwortet er knapp, dass dies nicht seine Familie ist. Er erwähnt, dass seine kleine Schwester Ende Dezember an Malaria gestorben ist, dass er alles unternimmt, seine Familie aus dem Sudan zu bekommen — am besten nach Lybien, um sie in Sicherheit zu bringen, bevor noch mehr Schlimmes passiert.
Aber eigentlich spricht Ammar nicht über die schwierige Situation, in der er war und immer noch ist. Weder über die Trennung von seiner Familie, die krassen Erfahrungen im Auffanglager oder den täglichen Struggle als Freelance Fotograf auf der Flucht, in einem fremden Land. Tatsächlich spricht er über Kameras, Prints, will exakt wissen, wie FROM operiert und er spricht über seine Projekte. Ammar erzählt, wie er begann, das Leben der Geflüchteten um ihn herum zu dokumentieren. Sein Projekt "26 Days", benannt nach der Zeit, in der er im Lager war, brachte ihm 2024 viel Aufmerksamkeit: Er erhielt den renommierten Ian Parry Grant, einem Stipendium zur Förderung junger Fotojournalisten.
Und er zeigt, dass Flucht nicht nur Verlust bedeutet, sondern auch Neuanfang und Hoffnung: sein neues Projekt “Hope After War" dokumentiert das Leben von Geflüchteten, die in ihrer neuen Heimat als Unternehmer:innen Fuß fassen und sich ein neues Leben aufbauen. Im Fokus stehen unabhängige Frauen und Jugendliche, die als Kinder vom Krieg vertrieben wurden und sich nun eine Zukunft aufbauen.
Für FROM haben wir zunächst zwei Selbstportraits gewählt, die während der Flucht entstanden. Die Edition ist offen und kann um weitere Selbstportraits erweitert werden. Ammar Yassir hat höchstwahrscheinlich erst die erste Etappe seines Weges genommen, als Fotograf und Mensch auf der Flucht.
“Rabak” zeigt Ammar, zentriert und gespiegelt in der Heckscheibe des Vans, der Familie Yassir von Rabak, Sudan in den Südsudan bringen sollte. Das Motiv stellt den Moment am 17.12.2023 dar, in dem alle auf den Vater und weitere Mitfahrende warten, bevor es endlich losgeht, Richtung Renk im Südsudan. Diese Motiv bieten wir als Fine Art Print auf mattem Hahnemühle Photo Rag in den Formaten 30 x 40 cm und 56 x 60 cm an.
“Kampala” ist das Hochformat, in dem Ammar vor der Scheibe eines SIM-Card-Shops zu sehen ist. Am Abend vorher, dem 13.9.2024 kam er in der ugandischen Stadt an. Am nächsten Morgen stellte er sich in der langen Schlange vor dem Laden an, um wieder in Kontakt mit seiner Familie sein zu können. Das vielschichtige Bild ist als großformatiges Poster und als Fine Art Print zu haben.
Beide Motive erscheinen in einer limitierten Edition mit 50er Auflage auf FROM.
Mehr Informationen zum Sudan im DLF
Ammar Yassin’s Instagram: @ammar._yassir